Donnerstag, 5. Mai 2011

Fog of War

Inzwischen rudern die USA zurück. Nein, Bin Laden hat sich wohl nicht hinter einer Frau versteckt (eine Nachricht, die sofort den unübersehbaren Beigeschmack von billiger Propaganda hatte), und nein, Bin Laden war wohl nicht bewaffnet. Vielmehr hat man ihn in seinem Schlafzimmer erschossen, mit einem Kopfschuss, weil er "bedrohliche Bewegungen" gemacht, sich "gewehrt" hätte.
Die Unterschiede zwischen den verschiedenen offiziellen Versionen der USA zum Exekutionseinsatz Bin Ladens erklärt man mit dem "fog of war", dem Kriegsnebel. Man habe die Öffentlichkeit so eifrig, so schnell über die Vorkommnisse informieren wollen, dass Anti-Terror-Berater John Brennan zunächst fälschlich erklärt hat, Bin Laden habe seine Frau als menschlichen Schutzschild misbraucht.
Auch Werner Hoyer, Staatsminister des Auswärtigen Amtes sieht hier kein grundsätzliches Problem:

"Auch wenn nach unserem Rechtsverständnis eine solche Kommandoaktion nach Möglichkeit auf eine Festnahme hinauslaufen müsste, sehen sich die Amerikaner nach ihrem Rechtsverständnis in einem bewaffneten Konflikt mit Al-Kaida, dren Chef Bin Laden war. Da ist die Frage nicht mehr entschieden, ob Bin Laden selbst auf die US-Soldaten geschossen hat oder ob es einer seiner Leibwächter getan hat."

Was hier geschieht, erinnert partiell an die Entlarvung des ehemaligen Bundesverteidigungsministers von und zu Guttenberg. Es ist die selbe Politik der (versuchten) desinformation, der uninformation, des Stückchenweise zugebens des Offensichtlichen. Mit dem Unterschied, dass der Öffentlichkeit hier kaum Zugang zu Beweisen gegeben ist, wie das bei Guttenberg der Fall war. Diesmal kann keine Schwarmintelligenz aus engagierten Wahrheitssuchenden Tatsachen ans Licht fördern wie die legendäre Guttenplagwiki.

Viel deutet darauf hin, dass Bin Laden einfach weg musste, dass seine Zeit schlicht abgelaufen war.
Wenn Osama Bin Laden nicht entweder bereits seit Jahren Tod ist, oder in einem Gefägniscontainer auf dem Gelände einer amerikanischen Botschaft noch auf sein Ende wartet, also in der Nacht zum Montag tatsächlich Osama Bin Laden, angeblicher Drahtzieher der Anschläge vom 11. September 2001 von den USA hingerichtet wurde.

Die (mittlerweile Singular) offizielle Version der USA klang von Anfang an wie ein billiges Propagandamärchen. Die beinharten Jungs der Navy Seals stürmen, nachdem man Jahrelang nach ihm, dem personifizierten Architekten des globalen islamistisch motvierten Terrorismus gefahndet hat, nachdem man ihn ausfindig gemacht hat, in mühevoller Geheimdienstarbeit, sein Anwesen.
Er versucht sich zu wehren, zu fliehen, samt seiner Familie und verwendet dabei gar seine Frau als lebendigen Schutzschild. Doch die in den USA ausgebildeten Seals wissen was zu tun ist, in Notwehr erschießen sie Bin Laden mit einem Kopfschuss.

Das klang unwahrscheinlich, und es klingt freilich im Angesicht der neuesten "Informationen" umso phantasievoller. Wahrscheinlicher ist, dass zumindest der Pakistanische Geheimdienst, evtl auch die Amerikaner seit Jahren wussten wo sich Bin Laden aufhält, dass es jetzt, nach zehn Jahren einfach an der Zeit war die Geschichte zu Ende zu bringen und ihn zu entsorgen.  Es ist desweiteren wahrscheinlich, dass Bin Laden schlief, oder zumindest überrumpelt im Bett lag, als die Seals sein Haus stürmten, unbewaffnet und sicher "überrascht". Wahrscheinlich brauchte man nicht annähernd ein Magazin Patronen um ihn zu erledigen, zwei Treffer sind bestätigt, darunter der tödliche Kopfschuss über dem linken Auge.

Es ist insofern mittlerweile wohl relativ eindeutig, dass die USA nicht die Absicht hatten Bin Laden gefangen zu nehmen, ihn in die USA zu überführen, und ihn dort einer ordentlichen Gerichtsbarkeit zu überführen. Die Vereinigten Staaten haben Bin Laden hingerichtet. Doch was ist daran so brisant?


Zunächst einmal, war die Aktion wohl völkerrechtswidrig, wie auch Altkanzler Schmidt festellte. Darüber hinaus wurde hier eine historische Chance verpasst. Die Nürnberger Prozesse waren in ihrer Form Beispielhaft für die internationale Gerichtsbarkeit in Ausnahmefällen. Auch damals wurden z.T. Massenmörder gerichtet. Menschen, die eine unverhältnismäßig große Zahl anderer Menschen direkt, oder indirekt auf dem Gewissen hatten.
Auch wenn es bei der militärischen Intervention der USA und ihrer Verbündeten in Afghanistan offiziell nicht ausschließlich um Bin Laden, nicht nur um Al-Qaida ging, so war Bin Laden doch sowohl für die Amerikaner als auch für weite Teile der islamische Welt eine Symbolfigur ohnegleichen. Für die USA war Bin Laden der Drahtzieher hinter den Anschlägen vom 11.September, für die viele Muslime im nahen Osten ein Symbol für den Widerstand gegen die Unterjochung und Bekämpfung ihrer Welt. Schon zur Zeit des kalten Krieges hat sich Bin Laden diesen Ruf im wahrsten Sinne erkämpft - auf dem Schlachtfeld Afghanistan, im Krieg gegen die übermächtige Sowjetunion.

Den Sieg des Rechtssystems über eine derartige Symbolgestalt, hat man nun vertan - weil man die Niederlage fürchtete? Weil nicht genug Beweise vorhanden waren?
Die USA handelten ausgesprochen fragwürdig, und die ist im Sinne des Wortes zu verstehen: Würdig der Nachfrage.
Der Frage welche Politik man nun im nahen Osten und insbesondere bzgl. Pakistan verfolgen wird.
Der Frage wieso uns die eigene, jeweils opportune Rechtsauffassung diktiert, warum Kriege geführt und Menschen ohne Gerichtsverfahren exekutiert werden?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen